Was bleibt?

„Was bleibt?“ 

Ist das Thema jener Fotoserie, die bereits seit dem Jahr 2006 in Arbeit ist und die ich nach wie vor weiterverfolge. Es ist eine fotografische Spurensuche. 

Meine Vorliebe für verlassene, im Verfall begriffene Gebäude, lässt mich immer wieder Orte aufsuchen, in denen die Vergänglichkeit nicht nur ist schmerzlich spürbar, sondern auch visuell vordergründig erkennbar ist. Es sind verlassene Gebäude, die mich mit ihrer stillen, mystischen Ästhetik fesseln. 

Oft bin ich es selbst, die den Ort des Zerfalls mit einer leidenschaftlichen Lebensfreude in Form einer lebendigen, bewegten Menschenspur fülle und die mich immer wieder zur Frage hinführt: „Was bleibt von einem Menschenleben?“, „Was bleibt von der geschäftigen Vergangenheit zurück, an Sichtbarem und Unsichtbaren?“

Seit dem Jahr 2006, in dem ich im Rahmen einer Kunstaktion mit dem Weizer Kollektiv „Die 12“, in einem stillgelegten Betrieb in Weiz, der Primax, meine Leidenschaft für dieses Thema entdeckte, ist bereits eine umfangreiche Sammlung entstanden. Sie umfasst unter anderen eine Papierfabrik, ein Sanatorium, ein herrschaftliches Gutshaus, das alte Postgebäude von Weiz, verlassene Häuser, Wohnungen, Bauernhöfe, einen stillgelegten Bahnhof, oder die aktuellste Serie über einen einst lebendigen Betrieb in der Weizklamm.

Meine behutsame und respektvolle Annäherung an die Vergangenheit und meine Neugierde spiegeln sich in den Fotografien wider. Es ist die Stille die ich anschaulich sichtbar mache und auf die Flüchtigkeit des Lebens hinweise. Das Bewahren unserer wertvollen Vergangenheit ist mir ein Anliegen und eine Freude.

„Vom Fallen und vom Fliegen“ ausgestellt 2020 im Kunsthaus Weiz.

„Vom Fallen und vom Fliegen“ beschreibt einen Weg, der uns Menschen im 21. Jahrhundert wohlbekannt ist.

Dieser Bilderzyklus umfasst mehr als 40 Bilder, a´80×100.

Begleittext zur Ausstellung im Kunsthaus Weiz:  „ecce homo / Siehe, ein Mensch“

Überfordert und erschöpft von den Anforderungen unserer Zeit, geplagt von den ruhelosen, streng getakteten Tagesabläufen, rennen wir tagein und tagaus.

Es ist immer zu wenig Zeit für alles, der Druck steigt, das Rad dreht sich immer schneller, es ist kaum Zeit zum Durchatmen und wir vergessen in diesem hektischen Hamsterrad, weshalb wir auf dieser Welt ist.

Wir sind eine Generation von Menschen, die sich freiwillig, voller Begeisterung in dieses, uns verbrennende Feuer legen, weil „Ein bisschen mehr geht immer!“

Erst dann bemerken wir, schwer verletzt, dass es ein Zuviel von allem war. Aber im Feuer erst einmal verbrannt, tragen wir bleibende Verletzungen und Narben davon, spüren unseren unerträglichen Schmerz und wir fallen.

Wir fallen, wir taumeln, wir stürzen Richtung Boden und wenn wir Glück haben, bäumen wir uns vor dem Aufprall mit letzter Kraft auf und rufen: „Stop! Es ist genug!“

Auch wenn sich der Mensch, der wir danach sind, fremd anfühlt, anders denkt, sich anders verhält und nicht mehr wie gewohnt funktioniert, wollen wir doch wieder zurück.

Wir nehmen unser Leben neu in die Hand.

Aus einem Sinkflug wird ein vorsichtiger Steigflug, die Zeit einer Neuorientierung beginnt. Eine Selektion unserer Gewohnheiten, Dinge und Menschen.  Wir definieren unser Leben neu.

Während dieses Prozesses hat sich etwas schützend um uns gelegt, dessen Aufgabe es ist, nichts von außen hinein zu lassen, außer ausdrücklich Erlaubtes.

Danach geht es endlich aufwärts, wir richten unseren Blick auf alles und auf alle, die uns lebendig machen, wir zeigen, wofür wir gemacht werden und werden neu geboren, einer Wolfsfrau gleich.

Alle gefesselten, grantigen, lieblosen und uns bevormundenden Menschen lassen wir dort, wo sie sind. Die negative, auf Drama und Chaos ausgerichtete Welt findet ohne uns statt, denn wir sind für ein Leben in Fülle bestimmt. Voller Lebendigkeit und bunter Farben. Das war schon immer so.

 

Titel der Bilder, jeweils 80×100:  Im Feuer – Schmerz – Fallen – Es ist genug – Fliegen – Das Puzzle neu zusammen bauen – Die Geburt der Wolfsfrau.